Durieux, Tilla

1880, Wien, Österreich - 1971, Berlin, Deutschland
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Tilla Durieux war die Tochter des Chemieprofessors Richard Godeffroy und seiner Ehefrau, der ungarischen Pianistin Adelheid Ottilie Augustine Godeffroy, geb. Hrdlicka. Sie absolvierte ihre Schauspielausbildung in Wien. Da ihre Eltern die Berufswahl der Tochter ablehnten, nahm sie später als Künstlernamen Durieux an, abgeleitet von du Rieux, dem Geburtsnamen ihrer Großmutter väterlicherseits. Sie debütierte 1902 in Olmütz, wechselte dann nach Breslau und war von 1903 bis 1911 am Deutschen Theater in Berlin engagiert.

Im Jahr 1907 begann Durieux zusammen mit dem Kulturpolitiker, SPD-Mitglied und späterem Musikpädagogen Leo Kestenberg, an vielen ihrer probefreien Sonntage in die damaligen Vororte Berlins zu fahren und dort bei Arbeiter-Matineen und -Versammlungen Werke von Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Richard Dehmel, Georg Herwegh oder Adelbert von Chamisso zu lesen, klassische Musik zu spielen oder Melodramen aufzuführen. Diese Darbietungen wurden erst durch den Beginn des Ersten Weltkrieges unterbrochen. Von 1911 bis 1914 trat sie am Berliner Lessingtheater auf, ab 1915 am Königlichen Schauspielhaus sowie von 1919 an am Staatstheater. In Berlin lud sie die Gebrüder Karl und Robert Walser sowie Frank Wedekind und dessen Frau an einem Weihnachtsfest gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann, dem deutschen Verleger, Kunsthändler und Galeristen Paul Cassirer, in ihre Wohnung ein. Im Mai 1919 unterstützte und versteckte sie den Schriftsteller Ernst Toller, der als einer der führenden Protagonisten der Münchner Räterepublik wegen Hochverrats gesucht wurde. Durieux, die sich zu der Zeit in der Münchner Klinik von Ferdinand Sauerbruch, den sie und Paul Cassirer bereits im Rahmen kultureller Veranstaltungen kennengelernt hatten, in ärztlicher Behandlung befand, versorgte Toller auf seiner Flucht zunächst mit finanziellen Mitteln und sagte weitere Hilfe zu. 1927 war sie an der Finanzierung der Piscator-Bühne beteiligt und trat auch unter der Regie von Erwin Piscator auf.

Tilla Durieux war 1903–1905 in erster Ehe mit dem Maler Eugen Spiro verheiratet. Ab 1905 war sie mit dem Kunsthändler Paul Cassirer liiert und ab 1910 verheiratet. 1926 starb Cassirer an den Folgen eines Suizidversuchs, den er während einer von Tilla Durieux beantragten Scheidungsverhandlung begangen hatte. Der Verhandlung vorausgegangen waren nach Durieux' Angaben zahlreiche von Cassirer gegen sie gestreute Verleumdungen. 1930 heiratete sie in dritter Ehe den deutsch-jüdischen Unternehmer Ludwig Katzenellenbogen (1877–1944). 1933 verließen sie Deutschland nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zusammen. Sie flohen nach Ascona, Wien und Prag (1935), wo sie Lady Macbeth darstellte. 1938 emigrierte sie mit ihrem Mann nach Zagreb in Kroatien, wo eine entfernte Verwandte lebte. Während Tilla Durieux versuchte, in Belgrad für beide ein Visum zur Emigration in die USA zu bekommen, wurde sie vom deutschen Bombenangriff und Überfall auf Belgrad im April 1941 überrascht und so von ihrem Mann getrennt, der 1941 von der Gestapo in Thessaloniki verhaftet und ins KZ Sachsenhausen verschleppt wurde.

1944 beteiligte Tilla Durieux sich nach eigener Aussage an der „Roten Hilfe“ für die Partisanen unter Josip Broz Tito. 1952 kehrte sie nach Deutschland zurück und gastierte an Theatern in Berlin, Hamburg und Münster. Durieux starb 1971 an einer Sepsis nach der operativen Versorgung einer Oberschenkelhalsfraktur im Oskar-Helene-Krankenhaus und wurde – nach der Kremierung im Krematorium Wilmersdorf – neben ihrem zweiten Ehemann Paul Cassirer auf dem landeseigenen Waldfriedhof im Bezirk Charlottenburg beigesetzt.

Migrationsweg


Migration aus Migration nach Jahr Grund

Prag

Kroatien

1938

Judenverfolgung

Berlin, Deutschland

über Ascona und Wien nach Prag

1933

Judenverfolgung


Werke

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