Straus-Ernst, Luise

1893, Köln, Deutschland - 1944, KZ Auschwitz, Polen
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Luise Straus-Ernst war eine deutsche Kunsthistorikerin, Journalistin und Künstlerin sowie die erste Ehefrau des surrealistischen Künstlers Max Ernst und Mutter von Jimmy Ernst. Straus wurde 1893 als Tochter eines Hutfabrikanten geboren und wuchs in einem liberalen jüdischen Milieu auf. Nach dem Abitur studierte sie Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie an der Universität Bonn. Dort lernte sie 1913 Max Ernst kennen. Noch während des Ersten Weltkriegs heiratete sie 1918 in einer Kriegstrauung den inzwischen zum Leutnant beförderten Max Ernst, dessen Eltern strenggläubige Katholiken waren. Schon vor seinem freiwilligen Kriegseinsatz hatte Ernst sein Studium der Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte abgebrochen, um als freier Maler im Kreis der Rheinischen Expressionisten um August Macke zu arbeiten. Luise hingegen hatte 1917 bei dem Kunsthistoriker Paul Clemen als eine der ersten Frauen an der Universität Bonn promoviert. Nach ihrer Promotion trat sie eine Stellung als wissenschaftliche Hilfsarbeiterin im Kölner Wallraf-Richartz-Museum an. 1919, nach dem Tod von Joseph Poppelreuter, dem Direktor der Skulpturen- und Antikensammlung des Wallraf-Richartz-Museums, übernahm sie kommissarisch die Leitung des Museums bis zum Ende des Jahres. Das Paar bekam 1920 einen Sohn, Hans-Ulrich, der später unter dem Namen Jimmy Ernst in den USA als Maler des abstrakten Expressionismus bekannt wurde. Die junge Familie litt unter großen finanziellen Sorgen. Luise übernahm Schreibarbeiten und verkaufte Strümpfe im Kaufhaus Tietz, um das Überleben der Familie zu gewährleisten.

Die Wohnung der Ernsts wurde zum Zentrum unangepasster neuer Kunstbewegungen, der „Gesellschaft der Künste“ und Dada Köln. Stark inspiriert von Giorgio de Chirico, dessen Werke das junge Ehepaar in München gesehen hatte, wurden gemeinsam mit Johannes Theodor Baargeld, Hans Arp und anderen vom Marxismus und der Psychoanalyse Freuds inspirierte Anti-Kunstausstellungen geplant, zu denen Luise einige Collagen unter dem Dada-Namen Armada von Duldgedalzen beisteuerte. Die erste Ausstellung 1920 im Kölnischen Kunstverein wurde zum Eklat. Plakate und Kataloge wurden von den Behörden beschlagnahmt. Im Sommer 1922 traf das Ehepaar Ernst auf einem Urlaub in Österreich mit dem französischen Surrealisten Paul Éluard und dessen russischer Ehefrau Gala zusammen, die sie schon 1921 in Köln kennengelernt hatten. Max Ernst trennte sich von Luise, übersiedelte nach Paris, um sich künstlerisch dem Surrealismus anzuschließen und mit dem Ehepaar Éluard in einer Ménage à Trois zu leben. 1926 wurde die Ehe der Ernsts in Abwesenheit des Ehemanns geschieden.

Lou Straus-Ernst brachte sich, den Sohn und das langjährige Kindermädchen Maja Aretz zunächst als Buchhalterin, Sekretärin und Mitarbeiterin einer Spitzenmanufaktur durch. Sie katalogisierte die Ostasia-Sammlung des Kölner Industriellen Ottmar Edwin Strauss und wurde Mitarbeiterin verschiedener Kölner Galeristen, u. a. Hermann und Andreas Becker. Sie wandte sich wieder der Kunstgeschichte zu, übernahm Aufträge als Ausstellungskuratorin, schrieb viele Artikel über Architektur und Kunst, über Theater und Film, aber auch über Frauenthemen, Reisen und gesellschaftskritische Fragen. Sie arbeitete auch für die neu entstandene Westdeutsche Rundfunk. Außerdem schrieb sie mindestens einen Roman Männer im Hintergrund über das Avantgarde-Projekt einer Frankfurter Frauensiedlung und eine längere Erzählung Ein ganz gewöhnliches Leben, die aber nicht publiziert wurden. Eine neue Wohnung in der Emmastraße in Köln-Sülz wurde beliebte Anlaufstelle vor allem für Theaterleute, Schauspieler und Autoren. Bert Brecht, Hanns Eisler und Kurt Weill waren gern gesehene Gäste; der Fotograf August Sander, ebenfalls ein Freund des Hauses, porträtierte Lou und Jimmy 1928 für seine großangelegte Porträtreihe Menschen des 20. Jahrhunderts. 

1933 flüchtete sie nach Paris. Ihr Sohn Jimmy blieb zunächst bei ihrem Vater und dessen zweiter Frau. Nach verschiedenen Quartierwechseln wohnte Straus in einem Emigrantenhotel im Quartier Latin. Sie schlug sich mit Deutschunterricht, Museumsführungen für deutsche Touristen und Schreibarbeiten durch. Sie schrieb gelegentlich für Zeitungen. Vor allem schrieb sie Kurzgeschichten aus dem Emigrantenleben, aber auch den Fortsetzungsroman Zauberkreis Paris, der starke autobiographische Züge trägt. Zweimal im Jahr kam ihr Sohn zu Besuch aus Köln, später aus Glückstadt, wo er im Druckhaus Augustin eine Lehre als Drucker absolvierte, bis er 1938 mit Hilfe von Freunden über Le Havre per Schiff nach New York emigrieren konnte. Er versuchte vergeblich, seine Mutter von der Notwendigkeit ihrer eigenen Emigration zu überzeugen. Sein Vater konnte ihm 1941 mit Hilfe des Emergency Rescue Committee von Marseille aus zusammen mit seiner späteren Ehefrau Peggy Guggenheim folgen. Auch Luise war ein Ausreisevisum zugesagt worden. Doch Eleanor Roosevelt, die Gattin des US-Präsidenten, zog es im letzten Moment aus nicht näher definierten Gründen zurück.

Straus, die gedanklich der französischen Résistance nahestand, aber nicht aktiv darin tätig war, wurde für kurze Zeit in dem berüchtigten Internierungslager Camp de Gurs nahe der spanischen Grenze gefangen gehalten. Auf Initiative ihres langjährigen Lebensgefährten im Exil, des Journalisten und Kunsthistorikers Fritz Neugass, wurde sie 1940 entlassen. Das Paar hielt sich zunächst in Cannes – im noch unbesetzten Süden Frankreichs – auf. Nachdem es im Oktober 1941 von dort ausgewiesen wurde, fand es, mit einer Gruppe anderer jüdischer Emigranten, Zuflucht in Manosque im Département Alpes-de-Haute-Provence. Gemeinsam mit Neugass wohnte Straus im Hotel Du Nord am Boulevard de la Pleine. Dort schrieb sie ihre Autobiographie Nomadengut, die sie an ihre in der Schweiz lebende Agentin Ella Picard schickte, sodass das Manuskript erhalten blieb und später gedruckt werden konnte. Neugass konnte im Dezember 1941 über Casablanca und Kuba in die USA emigrieren. Luise Straus-Ernst blieb allein zurück. Alle Bemühungen, nun doch noch auszuwandern, blieben erfolglos.  1944 wurde sie zusammen mit neun weiteren jüdischen Flüchtlingen festgenommen. Über Marseille und Drancy wurde sie  nach Auschwitz deportiert.

Migrationsweg


Migration aus Migration nach Jahr Grund

Köln, Deutschland

Paris, Frankreich

1933

politische Verfolgung


Werke

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